Die unterschätzte Herausforderung “Multi-Cloud”
Wie ist der aktuelle Status von Multi-Cloud-Sourcing in größeren Organisationen?
Status Angebotsseite:
Schauen wir uns die Anbieterseite zuerst einmal an. Wir sehen, dass immer mehr Cloud-Anbieter auf den Markt kommen mit einer Vielzahl von Cloud-Services, die immer attraktiver werden. Und dass die drei großen Oligopolisten Amazon, Microsoft und Google den Markt beherrschen und Unternehmen massiv dazu drängen, noch mehr Cloud-Services zu konsumieren. Diese großen Unternehmen bieten immer mehr attraktive Microservices rund um ihre Kernangebote an. Hier entsteht bereits jetzt ein sehr starker Vendor Lock-in. Außerdem ist es sehr wichtig, zu verstehen, dass es eine Dynamik auf der Angebotsseite gibt. Das heißt, dass sich ein bestimmter Cloud-Service permanent ändern kann. Leistungsbestandteile können dazukommen oder vom Anbieter entfernt werden. Das kann große Bedeutung für den Use-Case des Kunden haben, und deswegen muss die Risikobeurteilung einer Cloud-Nutzung immer wieder neu evaluiert werden.
Fazit: Es werden immer mehr Angebote, und die Abhängigkeit davon steigt immer mehr.
Status Kundenseite:
Jetzt schauen wir uns die Nachfrager an – die Kundenseite. Es ist mittlerweile unbestritten, dass es immer mehr Beispiele von Use-Cases gibt, an denen man erkennt, wie die Nutzung einer steigenden Anzahl unterschiedlicher Cloud-Services die digitale Transformation massiv unterstützt. Aus den Business-Abteilungen kommen die unterschiedlichen Ideen und Wünsche wie z. B. die Umstellung auf Fernarbeit, die bessere Nutzung von Tools für Verkaufs- und Betriebsplanung, das Erreichen neuer Kunden in neuen Märkten über elektronische Kanäle, der erweiterte Einsatz von AI-basierten Tools zur einer komplexen Entscheidungsfindung, die Verwendung von Tools zur Verwaltung der Kundenerfahrung. Überall finden sich ein oder mehrere Cloud-Services, die attraktive Wertversprechen liefern. Außerdem gibt es auch auf der Kundenseite eine große Dynamik, denn Nutzer verändern die Art und Weise, wie sie Cloud-Services verwenden. Damit ändert sich der Use-Case. Dies bedeutet, dass die Risikobeurteilung einer Cloud-Nutzung immer wieder neu evaluiert werden muss.
Fazit aus Kundenseite: Es werden nicht zehn oder zwanzig Services sein, die Unternehmen nutzen, sondern eher fünfzig oder hunderte.
Status Multi-Cloud:
Wo stehen laut internationalem Research die Entwicklung und die Adaption von Multi-Cloud? Dazu kann man sich den Gartner Hype-Cycle zur Hand nehmen, und man erkennt sofort zwei Dinge. Die „normale“ Cloud ist bereits angekommen und produktiv. Aber Multi-Cloud ist derzeit am Gipfel der überhöhten Erwartungen. Sprich, hier kommen die Unternehmen in das Tal der Tränen, und es wird einiges an Schmerzen geben. Dies muss man vorab wissen, wenn man sich überlegt, was denn die nächsten zwei bis vier Jahre in Unternehmen passieren wird.
Konsequenzen für den IT-Betrieb
Wenn man sich bewusst gemacht hat, dass es (1) immer mehr Cloud-Service-Angebote gibt und man davon auch abhängig sein kann, dass (2) Unternehmen immer mehr Cloud-Services nutzen werden und dies zu einem viel umfangreicheren Serviceportfolio führt und dass (3) sich sowohl Cloud-Services als auch die Nutzung eines Services immer wieder ändern können, wird ganz deutlich, dass bei einem schlechten Cloud-Management und einer ungeeigneten Cloud-Governance ein Unternehmen ganz rasch in zwei Problemzonen kommt: Die Kosten explodieren oder Security-Probleme tauchen auf.
Der IT-Betrieb eines Unternehmens muss eine Vielzahl von IT-Service-Managementaufgaben übernehmen. Alles, was auch schon bisher auf der Arbeitsliste stand: Provisionierung, Cost Management, Desaster Recovery, Monitoring, Service Desk, Change Management. Nur sind es jetzt eben immer mehr Services, die sich ändern, wobei manche Leistungen vom Cloud-Provider und andere vielleicht von einem Cloud-Broker übernommen werden.
IT-Organisationen sind überhaupt nicht auf diese Herausforderungen vorbereitet. Sie haben meist zu wenig Ressourcen und zu wenig eigenes Know-how im Team.
Zusammenfassung
Die Nutzung neuer Cloud-Services wird viel schneller ansteigen als die meisten Unternehmen derzeit annehmen. Und die Komplexität von Multi-Cloud-Governance und -Management innerhalb einer hybriden IT-Umgebung wird weltweit von allen Organisationen massiv unterschätzt.
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Dr. Tobias Höllwarth gilt als einer der führenden Experten im Bereich Cloud Computing, der neben vielen Publikationen auch für ein weltweites Cloud-Zertifizierungssystem (StarAudit) verantwortlich ist. Als Präsident der EuroCloud Europa ist er unter anderem auch Drafting Member bei der Entwicklung des EU-Cloud-Security-Certification-Modelles (EU-Kommission) und leitet INPLP, ein europäisches Netzwerk von IT-Anwälten in 38 Ländern.