Wem hilft das Ö-Cloud-Gütesiegel?

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Mit der Ö-Cloud-Initiative setzte das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort einen wichtigen Schritt hin zur sicheren cloudbasierenden Datenverwaltung und Datennutzung in Österreich und Europa. Das im Rahmen der Ö-Cloud-Initiative geschaffene Ö-Cloud-Gütesiegel, das vom Verein Eurocloud Austria ausgestellt wird, soll Garant für eine besonders sichere Datenverwaltung und den Schutz vor Datenmissbrauch sein.

Das folgende Gespräch fand im Rahmen eines Interviews mit einem der Gütesiegelträger statt:

Herr Höllwarth, wo besteht Ihrer Meinung nach der größte Entwicklungsbedarf österreichischer Unternehmen bei der Nutzung von Cloud-Services?

Tobias Höllwarth: Cloud wird oft nur als eine weitere IT-Technologie verstanden, die man jetzt eben sourcen kann, so wie man klassisch Managed Services oder Outsourcing oder innerbetriebliche IT gesourct hat. Aber die Cloud ist die lange überfällige Automatisierung und Industrialisierung der IT. Das ist der wesentliche Unterschied zu Managed Services oder Outsourcing. Und das bedeutet, dass man sich aus einer rein betriebswirtschaftlichen Sicht zwei Fragen stellen muss:

Erstens: Kann ich rechtzeitig an diese neuen Produktionsressourcen herankommen? Oder sind meine Mitbewerber, völlig neue Konkurrenten in meiner Branche aus den USA oder aus China, schneller als ich?

Und damit verbunden ist die Frage: Habe ich ausreichend Personal und Know-how, um in einer Multi-Cloud-Umgebung ausreichende Governance- und Management-Werkzeuge zu etablieren, um diese neuen Produktionsmittel aus der Cloud zu nutzen, ohne in ein Kosten- oder ein Security-Thema zu fallen?

Habe ich diese Voraussetzungen nämlich nicht, dann werde ich nicht auf alle wesentlichen neuen Produktionsressourcen zugreifen können, und das ist ein erheblicher Wettbewerbsnachteil.

Auf Anbieterseite müsste man den größtmöglichen Fokus darauf legen, ganz typische Use Cases, die einen sehr spezifischen österreichischen Bezug haben (z. B. aus Verwaltung, Gesundheitssektor, Spezialindustrie …) zu entwickeln und anzubieten.

 

Wie kann die Ö-Cloud diesen österreichischen Unternehmen helfen?

Tobias Höllwarth: Gütesiegel oder Zertifikate sind die vertrauensbildenden Maßnahmen im Bereich der Cloud. Betriebswirtschaftlich gesprochen reduziert man die Kosten und die Zeitspanne des Vertriebs und des Einkaufs.

Es ist von größtem Interesse für Cloud-Anbieter, dass der Aufwand für den Vertrieb eines Cloud-Services (hohe Investitionskosten und später Return on Investment) gering gehalten wird.

Und gleiches gilt für die Cloud-Kunden, die einen zu massiven Ressourcenengpass intern haben, um Cloud-Services, die interessant wären, zu beurteilen.

Daher ist das Ö-Cloud-Gütesiegel ein Vertriebs- und ein Marketinginstrument. Als Marketinginstrument kann ich damit sehr leicht und kostengünstig Aufmerksamkeit erzielen.

Als Vertriebsinstrument kann ich die 100 beantworteten Fragen meinen Vertriebsmitarbeitern mitgeben und dem Kunden übergeben, als vertrauensbildende Maßnahme und um Zeit zu sparen.

Und für Cloud-Kunden ist es von hohem Interesse, die Vielzahl der Fragen, die sich beim Einkauf von Cloud-Services stellen, strukturiert und frühzeitig beantwortet zu bekommen. Diese Präqualifikation hilft, bei der Beschaffung die Spreu vom Weizen zu trennen, und führt zu einem schnelleren Procurement-Prozess.

 

Wir sehen bei unseren Kunden inzwischen meist einen Hybrid-Cloud-Ansatz – also die Integration von Hyperscalern, Anwendungen bei lokalen Cloud-Anbietern und vereinzelten Anwendungen in Rechenzentren oder gar on premise. Ist das für Unternehmenskunden auch auf lange Sicht die ideale Lösung?

Tobias Höllwarth: Hybrides IT-Sourcing wird definitiv die einzig denkbare Zukunft sein, und zwar unter Nutzung einer Vielzahl von Cloud-Services (Multi-Cloud). Dies wird zu einer enormen Herausforderung für Cloud-Governance und Cloud-Management, eine Herausforderung, die derzeit noch völlig unterschätzt wird. Die Rolle des externen Cloud-Brokers bzw. Cloud-Managers wird eine große Bedeutung erhalten und hat eine goldene Zukunft.

 

Wie sehen Sie das Verhältnis von Ö-Cloud und GAIA-X – Synergie, Zusammenwachsen oder Wettbewerb?

Tobias Höllwarth: Das Ö-Cloud-Gütesiegel kennzeichnet sich durch Kompatibilität, es ist ein Stufenmodell und es hat eine niedrige Eintrittsbarriere.

Es ist kompatibel zu Austrian Cloud, zu Trusted Cloud, zu StarAudit und zu GAIA-X. Es ist ein kostengünstiges Einstiegsmodell auch für kleinere österreichische Anbieterunternehmen und stellt einen neuen positiven Impuls dar, der Kunden dazu motivieren wird, sich mit Cloud-Services zu beschäftigen, Erfahrungen zu sammeln und Know-how aufzubauen.